German UPA | Beitrag vom 16.12.2014 –
G-UPA Mitglied der halbWoche: Fabian Rademacher
Blog frei für Fabian Rademacher, der im sehr detaillierten Profil darüber berichtet, wo er die Hauptprobleme von Usability und UX Professionals sieht - und wie er sie für sich gelöst hat.
Details matter, it’s worth waiting to get it right.
- Fabian Rademacher
- User Experience Designer, M.Sc.
- Mitglied seit 2009
- Warum sollten andere Mitglieder mit dir in Kontakt treten? Ich kenne mich nicht nur mit Usability/User Experience aus, sondern kann dies sehr gut mit Software und dem Web/Internet in Verbindung bringen. Ich verstehe die Entwickler/Technik-Seite und Gestaltung/Ästhetik ebenso wie die betriebswirtschaftlichen Hintergründe. All diese Punkte sind relevant für praktikable Lösungen, die alle Beteiligten zufriedenstellen. Nur so erreicht man auch Akzeptanz für Veränderungen und die gemeinsame Motivation, diese umzusetzen. Usability spielt heutzutage nicht nur bei Webseiten und Smartphone-Apps eine Rolle, sondern auch ein Geräten wie Navigationssystemen, Fernsehern und mittlerweile sogar Küchengeräten.
Wie bist du zur Usability gekommen?
Als Webdesigner habe ich viel Erfahrung mit unnötig komplizierten und umständlichen Internetseiten und -applikationen gemacht. Einiges kann man intuitiv selber besser machen, vieles erfordert aber tieferes Wissen oder das Einbeziehen von echten Benutzern. Einiges haben wiederum andere bereits mehrfach gelöst.
Ich wollte mich hier systematisch weiterbilden und habe nach dem Studium zum Diplom-Medieninformatiker (FH) und ein paar Jahren Berufserfahrung ein Master-Studium „Human Factors in Information Design“ in den USA angehängt.
Das Studium an der Bentley University in Boston ist in Verhaltens- und Wahrnehmungspsychologie begründet und lässt mich verstehen und erklären, warum bestimmte Dinge besser funktionieren und andere nicht. Das ist unerlässlich für die tägliche Arbeit, in der oftmals kein Geld für aufwendige Benutzerstudien zur Verfügung steht. Gerade dies ist für das Finden von passenden Lösungen sehr hilfreich.
Warum bist du Mitglied in der German UPA?
"Im UX-Bereich ist es eher schwierig, Gleichgesinnte zu finden, die das Thema Usability und User Experience wirklich ernst nehmen und es nicht nur als Nebenbeschäftigung betrachten."
Ein Berufsverband schafft dabei Verbindungen und Austausch über Firmengrenzen hinweg. Mir liegt außerdem sehr viel daran, dass das UX-Umfeld mehr Gewicht und Respekt bekommt. Das kann man nicht allein durch Blogs erreichen.
Welche Bücher sollte man aus deiner Sicht als Usability Professional unbedingt gelesen haben?
- Don't Make Me Think: A Common Sense Approach to Web Usability von Steve Krug.
Dieses Buch ist nicht umsonst ein Klassiker. Die pragmatische Herangehensweise macht Usability erfrischend und greifbar. Dadurch ist es besonders empfehlenswert für Nicht-Spezialisten.
- Measuring the User Experience: Collecting, Analyzing, and Presenting Usability Metrics von Tom Tullis und Bill Albert.
Oftmals ist es notwendig, andere Leute mit Zahlen und belegbaren Erfolgen zu überzeugen. Dieses Buch hilft auf verständliche Weise dabei, auch in Bezug auf die Auswertung von großen Datenmengen mit einfachen Tools wie Excel (statt SPSS).
Welche Blogs/Webseiten empfiehlst du?
Die Artikel der Nielsen Normal Group sind oft sehr gut für eigene Projekte nutzbar. Besonders die Alertbox als Newsletter informiert regelmäßig über aktuelle Studien. Manchmal kann man sich so teure Benutzerstudien für Standardprobleme sparen und die Ressourcen besser für die Verfeinerung und Verbesserung nutzen. Unbezahlbar!
Ulf Schubert informiert über Aktuelles aus Deutschland inkl. Jobangeboten. Seine oft kurzen Beiträge sind gut als „Happen“ für Zwischendurch und regen zum Nachdenken an. Toll!
Welche Konferenzen / Veranstaltungen empfiehlst du?
- Mensch und Computer
Als deutsche Veranstaltung unerlässlich für die lokale Vernetzung und Kenntnisse über Entwicklungen hier bei uns, die sich nicht immer mit den weltweiten Fortschritten decken.
- UXPA
Internationale Konferenz mit hochkarätigen Vorträgen und Teilnehmern aus Top-Unternehmen und -agenturen, die perfekt ist für ein umfassendes Bild, an welcher Stelle andere Länder stehen.
Was sind deine Lieblingstools im Usability-Bereich?
- Balsamiq Mockups
Schnell im Erstellen oder Verändern von Wireframes, einfacher Export. Steht insgesamt nur wenig dem Designprozess „im Weg“.
- HTML/CSS/JavaScript
Gut für interaktive Prototypen und flexibel veränderbare Designs. Man muss es allerdings beherrschen und hat nicht direkt eine Sammlung an Standardkomponenten. Dafür ist man praktisch nicht begrenzt in den Möglichkeiten.
- Post-Its/Papier und farbige Stifte
Nichts schränkt den Prozess weniger ein, als „alles“ zeichnen zu können ohne sich von vorgegebenen Bausteinen beeinflussen zu lassen.
Was ist die größte Herausforderungen bei deiner Arbeit in Bezug auf die Usability und was sind deine Lösungsansätze?
Der Kampf um Ressourcen, wenn es um neue Features oder bessere Bedienbarkeit geht: Am besten wird beides zusammen entwickelt, aber das passiert nicht so oft. Auf ein „darum kümmern wir uns später“ sollte man sich aber nicht einlassen. Die Ansprüche der Benutzer steigen ja auch immer weiter.
"Manchmal muss ein schlecht zu bedienendes Feature aber erstmal vom Kunden kritisiert werden, bevor es verbessert werden darf."
Das kann zur Erkenntnis führen, dass UX doch ein fester Teil des Prozesses sein sollte. Weitere Empfehlungen zu besseren Lösungen nehme ich gerne entgegen ;-)
Was wünscht du dir von der Usability Branche in Zukunft?
Dass es keine Diskussionen um die Notwendigkeit von UX-Design gibt, sondern dass es grundsätzlich Teil einer jeden Entwicklung ist wie die Datenbank oder das Frontend.
Welche Produkte haben aus deiner Sicht eine ausgezeichnete Usability?
Solche, bei denen man nicht merkt, dass man sie benutzt, weil sie im Hintergrund verschwinden oder so intuitiv sind, dass man nicht mehr nachdenken muss.
Ein Beispiel sind Türen öffentlicher Gebäude in den USA: Das Ziehen und Drücken wird durch unterschiedliche Griffe deutlich gemacht. Man geht einfach durch und denkt nicht mehr nach. In Deutschland muss man oft erst lesen, nachdem man es falsch gemacht hat. Das müsste nicht sein.
An welchen Projekten arbeitest du gerade?
- Online-Mitarbeiterbefragung mit Auswertungstool und automatischer Erstellung von Diagrammen (TYPO3)
- Kita-Software zur Dokumentation der Entwicklung von Kindern (JAVA)
- Online-Atlas mit Datenbankkatalog zur Visualisierung von Werten auf und über der Karte (HTML5/CSS3/JavaScript)
Was war dein größtes „Aha-Erlebnis“ in Bezug auf Usability?
Einige Leute (oftmals Entwickler und Ingenieure) kann man nur von notwendigen Änderungen überzeugen, wenn Sie bei einem Usability-Test zusehen, selbst wenn die Erkenntnisse bereits vorher „vorausgesagt“ wurden.
Als Mittel der Überzeugung ist es unglaublich hilfreich. Bevor man es nicht selbst erlebt hat, wie die Reaktionen sind, glaubt man es selber nicht, dass es so gut überzeugen kann!