German UPA | Beitrag vom 30.10.2014 –
G-UPA Mitglied der halbWoche: Jörg Morsbach
Blog frei für Jörg Morsbach, der Experte für Barrierefreiheit und Accessibility!
Wahrnehmung ist Mehrwert
- Jörg Morsbach
- Geschäftsführer
- Mitglied seit 2009
- Warum sollten andere Mitglieder mit dir in Kontakt treten? Wir arbeiten seit über zehn Jahren auf kommunaler Ebene (Landkreise, Städte, Gemeinden, kulturelle Einrichtugen, etc.), aber auch für Landesministerien und Bundesministerien als Partner auf Basis der BITV und der WCAG sowie des BGG und eines weit reichenden Inklusionsgedanken. Das Aufgabenspektrum reicht bei Internetauftritten von Beratung, über das Testen bis zur Umsetzung. Aber auch barrierefreie PDF-Dokumente sowie das Thema Leichte Sprache spielen eine Rolle. Die Öffentliche Hand fordert in Ausschreibungen häufig barrierefreie PDF-Dokumente. Als Subunternehmer für Agenturen, Druckereien und Verlage helfen wir dabei, diese Forderungen garantiert zu erfüllen. Insofern gibt es für UPA-Mitglieder genügend Anknüpfungspunkte, um mit uns in Kontakt zu treten.
Wie bist du zur Usability gekommen?
Ehrlich gesagt hat mich unser Spezialgebiet Barrierefreies Internet schon sehr früh an das Thema Usability herangeführt. Bereits 2004 habe ich für den Barrierekompass unter dem Titel „Accessibility im Schatten der Usability“ einen ausführlichen Artikel über das Zusammenspiel beider Disziplinen geschrieben. Seinerzeit zugegebenermaßen in seiner Tonalität etwas forsch formuliert, weil das Thema Barrierefreiheit noch nicht so weit war und noch ein wenig Anschub brauchte. Aber in der Sache steht der Artikel, der unter nachfolgendem Link (http://goo.gl/AG6Zdi) nachzulesen ist, für mein Verhältnis zur Usability. Sie ist Teil unserer täglichen Arbeit.
Welche Bücher sollte man aus deiner Sicht als Usability Professional unbedingt gelesen haben?
Aus meiner Sicht (also aus der Accessibility-Sicht) kann ich nur das Standardwerk "Barrierefreiheit verstehen und umsetzen: Webstandards für ein zugängliches und nutzbares Internet" von Jan Eric Hellbusch und Kerstin Probiesch empfehlen. Das Buch ist zwar schon von Anfang 2011, aber es gibt immer noch kein aktuelleres Werk. Auch spannend ist das relativ neue Buch "Barrierefreiheit im Internet: ein Handbuch für Redakteure" von Domingos de Oliveira. Denn Usability hat auch viel mit der richtigen Wortwahl zu tun.
Welche Blogs/Webseiten empfiehlst du?
Wenn es nicht explizit um das Thema Barrierefreiheit geht, kann ich auf jeden Fall ein paar Seiten empfehlen, die sich mit einem "Randgebiet" der Barrierefreiheit befassen - Suchmaschinenoptimierung. Wer sich für die Optimierung von Internetseiten aus Performance- und Suchmaschinensicht interessiert (ist eher ein Hobby von mir), dem würde ich auf jeden Fall die Google Webmaster Tools ans Herz legen. Ebenso spannende Einsichten erlaubt gelegentlich die SISTRIX Toolbox: http://www.sistrix.de. Für Themen rund um Webstandards sind die Webkrauts immer noch eine der ersten Adressen. Zur Verbesserung der Usability mag ich Services wie rapidusertests.com oder testbirds.de. Als gedruckte Lektüre kann ich vor allem das Magazin Screenguide empfehlen.
Wo beziehst du sonst neues Usability-Wissen her?
Das ist eine interessante Frage. Ich gehöre zu den Menschen, die auf Twitter vor allem durch die Hashtags und sonstige Schlagworte cruisen. Auf diese Weise stolpere ich nach dem Prinzip der „Selektiven Wahrnehmung" immer über spannende Themen, häufig auch im englischsprachigen Raum. Darüber hinaus bekomme ich in gedruckter Form die PAGE, das Magazin Screenguide sowie die Websiteboosting. Gelegentlich findet man dort auch Infos zum Thema Usability. Kürzlich haben wir zudem in einem Projekt mit der Hochschule Rhein-Waal zusammengearbeitet, die einen von uns erstellten Internetauftritt in der Entwicklungsphase im eigenen Usability-Labor analysieren durfte. Auch das war eine interessante Zusammenarbeit, die uns nochmal für neue Ansätze geöffnet hat.
Was sind deine Lieblingstools im Usability-Bereich?
Usability hängt auch immer viel mit User Experience zusammen. Die wiederum ist stark abhängig von Performance, also Ladezeiten (auch auf verschiedenen Endgeräten). Deshalb teste ich Internetauftritte immer gerne mit verschiedenen Werkzeugen. Eines davon ist das Google PageSpeed Tool, mit dem sich Flaschenhälse schon relativ gut erkennen lassen. Der Web Page Speed Report von websiteoptimization.com ist auch prima. Darüber hinaus muss ich zugeben, dass wir extrem viel in sämtlichen Desktop-Browsern testen und zusätzlich über ein kleines Own Device Lab verfügen, indem wir mit echten mobilen Endgeräten testen können. Hier stehen uns ca. 20 Endgeräte zur Verfügung, die aufgrund ihrer Realitätsnähe auch in Sachen Mobile-Usability derzeit meine Lieblingswerkzeuge sind. Ganz neu im Werkzeugkasten ist heute ein Kindle Paper White in unserem Own Device Lab eingetroffen. Die Besonderheit ist, auch diese Geräte verfügen über eine integrierten Browser, der allerdings JavaScript nur sehr schlecht rendern und zudem lediglich über eine Schwarzweißansicht verfügt. Letzteres bringt in jedem Fall eine User Experience der besonderen Art..
Was ist die größte Herausforderungen bei deiner Arbeit in Bezug auf die Usability und was sind deine Lösungsansätze?
Die größte Herausforderung in unserem Bereich ist zweifelsohne die Verbreitung extrem unterschiedlichster Endgeräte. Wir setzen schon seit Ende 2011 in den meisten Fällen auf Responsive Webdesign. Hier muss man allerdings feststellen, dass sich der Aufwand für Qualitätssicherung vervielfacht hat. Neben den gängigen Desktop-Browsern verschiedener Generation haben vor allem die vielen verschiedenen Endgeräte für einen höheren Aufwand und einen stark veränderten Workflow gesorgt. Ein Resultat ist unter anderem unser Own Device Lab, weil wir festgestellt haben, dass Qualitätssicherung mit Emulatoren in vielerlei Hinsicht zu unsicher ist.
Was wünscht du dir von der Usability Branche in Zukunft?
Ehrlich gesagt hätte ich vor ein paar Jahren noch gesagt, dass bezahlbare Usability-Tests in entsprechenden Laboren, gerade für kleine Unternehmen, eine prima Sache für die Zukunft wären. Services wie Testbirds und Rapidusertest haben diese Lücke aber bereits gefüllt. Insofern stehen mittlerweile auch für kleinere Geldbeutel sehr praktikable Lösungen zur Verfügung.
An welchen Projekten arbeitest du gerade?
Wir arbeiten wieder an einigen Kommunalportalen. Das ist seit einigen Jahren eigentlich unser Kerngeschäft - barrierefreien nach BITV versteht sich. Besonders froh bin ich, dass wir dieses Jahr auch meine Geburtsstadt betreuen dürfen. Ich freue mich schon auf den Tag, an dem diese Seite online geht. Ansonsten arbeiten wir relativ viel im Bereich barrierefreie PDF-Dokumente. Ein neues Spielfeld ist das Thema Leichte Sprache. In den letzten sechs Monaten haben wir darüber hinaus mehrere BIK-Tests begleitet. Das Testen ist also auch ein wichtiges Thema. Ein Thema, das mir selbst am Herzen liegt, ist die interne Standardisierung. Damit nicht jeder Mitarbeiter für die interne Qualitätssicherung nach eigenem Muster und Gutdünken testet, habe ich einen mehrseitigen Leitfaden entwickelt. Mithilfe dieses Leitfadens sollen alle Mitarbeiter nach dem gleichen Prinzip für durchgängige Qualität sorgen. Interessanterweise ist ein solcher Leitfaden aber nie wirklich ganz fertig, sondern eher "Work in Progress".