German UPA | Beitrag vom 21.01.2016 –
Positives Erleben bei der Arbeit
Um positive User Experience mit Technologie im Arbeitsalltag gezielt herstellen zu können wird ein besseres Verständnis für schon vorhandene positive Erlebnisse benötigt. Mit dem von unserer Arbeitsgruppe entwickelten Erlebnisinterview werden gezielt positive Erlebnisse im Arbeitsalltag abgefragt und können einfach auf Muster in den Erlebnissen einer Zielgruppe analysiert werden. Im Rahmen der Entwicklung sahen wir drei treibende Fragen:
- Spielen positive Erlebnisse im Arbeitsalltag wirklich eine Rolle? Sind Produktivität und Leistung nicht wichtiger und positive Erlebnisse zwar wünschenswert aber nicht notwendig?
- Die Interaktion mit einer Technologie zum Erlebnis machen, bestehende Erlebnisse durch Technologie unterstützen, Erlebnisse durch Technologie erweitern, neue Erlebnisse durch Technologie schaffen– all das bringt die Anforderung mit sich, Erlebnisse zu gestalten. Wie kann das funktionieren?
- Vor der Gestaltung kommt das Verständnis eines Erlebnisses: Worin liegt der Kern des Erlebnisses? Wie baut es sich auf? Welche Emotionen entstehen?
Die Positive Psychologie (Seligman & Csikszentmihalyi, 2000) unterscheidet sich von der klassischen Psychologie darin, dass sie ihren Fokus nicht auf Vermeidung oder Verringerung negativer Emotionen und Erlebnisse legt, sondern aktiv daran forscht, wie positive Emotionen und Erlebnisse erzeugt werden können und welche Konsequenzen diese mit sich bringen. Dabei hat sich gezeigt, dass positive Emotionen nicht nur den Moment des Erlebens bereichern, sondern positive Konsequenzen nach sich ziehen.
Die Broaden-and-built Theorie (Fredrickson, 2001) verdeutlicht, dass sich durch das Erleben positiver Emotionen sowohl das Denk- als auch das Handlungsrepertoire erweitert, was es der Person erleichtert, persönliche Ressourcen aufzubauen. Flexibler im Denken und Handeln zu werden und sich weiterzuentwickeln sind Stärken, die nicht nur im Alltag nützlich, sondern gerade bei der Arbeit relevant und gefragt sein können. Studien liefern Ergebnisse, die auch für die Gestaltung von Arbeit hilfreich sein können, z.B.: Hilfsbereit zu sein hängt mit Wohlbefinden und Gesundheit zusammen, solange keine Überforderung stattfindet (Post, 2005).
"Unserer Auffassung nach ist Wohlbefinden ein Wert an sich und es sollte angestrebt werden, auch bei der Arbeit Wohlbefinden zu erzeugen."
Anderen etwas Gutes zu tun führt zu positiveren Emotionen als sich selbst zu belohnen und erhöht die Wahrscheinlichkeit, anderen zukünftig wieder etwas Gutes zu tun (Aknin, Dunn & Norton, 2012). Insgesamt kann positives Verhalten ansteckend wirken (Fowler & Christakis, 2010) und damit vielleicht auch eine Unternehmenskultur verändern. Es wird deutlich, dass es sich lohnt, auch bei der Arbeit positive Erlebnisse zu ermöglichen. Unserer Auffassung nach ist Wohlbefinden ein Wert an sich und es sollte angestrebt werden, auch bei der Arbeit Wohlbefinden zu erzeugen. Die vorgestellten Studien liefern jedoch auch messbare Argumente, welche die Gestaltung positiver Erlebnisse bei der Arbeit rechtfertigen.
Unsere Annahme ist, dass wenn positive Erlebnisse im Arbeitskontext durch die Organisation der Arbeit ermöglicht werden können, so sollte dies auch durch Technologiegestaltung gelingen indem positive User Experience (UX) ermöglicht wird. Wir schließen uns dem Verständnis von UX von Hassenzahl (2008) an.
Demnach ist UX ein momentanes, vor allem wertendes Gefühl (positiv – negativ) während der Nutzung eines Produktes oder Services. Eine positive UX entsteht als Konsequenz aus der Erfüllung psychologischer Bedürfnisse (Hassenzahl, 2008). Es geht also darum positive Erlebnisse in der Interaktion mit der Technologie zu schaffen, was im Ansatz des Experience Designs verdeutlicht wird (Hassenzahl, 2010). Zur Ermittlung der Bedürfnisse existieren Verfahren wie z.B. die Valenzmethode (Burmester, 2013) mit der erfasst werden kann, welche Bedürfnisse durch ein Produkt angesprochen werden. Dieser Input kann Gestaltern dann an die Hand gegeben werden, um an der UX des Produktes zu arbeiten.
Ein weiterer Ansatz ist der des Positive Designs (Desmet & Pohlmeyer, 2013). Hierbei geht es darum, Produkte zu gestalten, die das Wohlbefinden der Menschen erhöhen.
Im Vergleich zu UX im Freizeitbereich gibt es bisher wenig Forschung zu UX bei der Arbeit (Bargas-Avila & Hornbæk, 2011). Hervorzuheben sind allerdings das Projekt zu Spaß bei der Arbeit (F)un of (U)se für Geschäftsanwendungen (Klöckner, Schmitt & Garst, 2009) oder der E4-Ansatz: Erledigen, Engagieren, Entdecken, Erfinden (Harbich & Hassenzahl, 2008; Harbich et al., 2007)
Um die Aussagekraft und Durchführbarkeit des Erlebnisinterviews zu verbessern führen wir gerade Erlebnisinterviews als Face-to-Face und Online Version. Vor allem die Online Version erlaubt es uns eine große Menge an Teilnehmern und eine breite Streuung von Berufsgruppen zu erreichen. Genau dafür brauchen wir Ihre Hilfe – erzählen Sie uns von einem positiven Erlebnis das Sie bei der Arbeit hatten und helfen Sie uns ein besseres Verständnis dafür zu entwickeln was ein besonderes Erlebnis bei der Arbeit so besonders macht!
Erzählen Sie uns von Ihrem positiven Erlebnis hier:
http://ww2.unipark.de/uc/experiences_at_work/
Projektleitung und Ansprechpartner
Prof. Dr. Michael Burmester
Prodekan / Vice Dean Research
Faculty Information and Communication
Dr. Katharina M. Zeiner
E-Mail: zeiner@hdm-stuttgart.de
Postdoctoral Researcher
Institute of Applied Research
Information Experience and Design Research Group
https://www.hdm-stuttgart.de/
Im durch das BMWi geförderten Projekt Design4Xperience – Erlebniszentrierter Gestaltungsprozess für kleine und mittlere Softwareunternehmen (D4X) werden Methoden entwickelt, die von kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) eingesetzt werden können, um systematisch positive UX gestalten zu können. Das Erlebnisinterview stellt einen pragmatischen Ansatz zur Gestaltung positiver UX dar.