German UPA | Beitrag vom 22.04.2025 –
„Es ging einfach nicht“ – Wie ein Selbstversuch den Startschuss für 2025: Odyssee Accessibility gab
Der Podcast-Start, der unter die Haut geht
Barrierefreiheit ist mehr als nur ein Nice-to-have – sie ist essenziell. Genau das zeigt die erste Folge des neuen UX-Podcasts „2025: Odyssee Accessibility“ auf eindrucksvolle Weise.
Der Auftakt des Formats beginnt mit einem Experiment, das wörtlich auf die Knochen geht: UX-Profi Thomas Immich zieht einen Alterssimulationsanzug an, testet die Outdoor-App Komoot – und erlebt, wie schwer es ist, eine scheinbar einfache Route aufzuzeichnen, wenn jede Bewegung schmerzt, jeder Klick zu viel ist und selbst das Atmen zur Herausforderung wird.“
Podcast trifft Realität: Eine Odyssee durch die digitale Welt
„2025: Odyssee Accessibility“ ist kein Podcast wie jeder andere. In jeder Folge geht es um eine zentrale Frage: Wie zugänglich sind unsere Technologien wirklich?
Das Besondere: Die Perspektiven kommen direkt von den Menschen, die tagtäglich mit Barrieren leben. Ergänzt wird das durch Selbstversuche wie in Folge eins, durch Fachgespräche und UX-Analysen – stets mit einem Ziel: ehrliches, ungeschöntes Feedback für digitale Produkte.
Wenn UX plötzlich schmerzhaft wird
In Episode eins geht es nicht nur um Zahlen und Prinzipien – es geht ums Gefühl. Das Gefühl, dass es „einfach nicht mehr geht“. Keine Luft, keine Kraft, keine Geduld für unnötige Features.
„Ich wollte einfach nur sagen: Mission erfüllt. Aber der Button war nicht da. Stattdessen kamen immer noch weitere Vorschläge – Freunde einladen, Route bewerten...“, schildert Thomas die Situation mit der Komoot-App. Was UX-Designer*innen oft als nette Add-ons verstehen, wird in dieser Situation zur echten Belastung.
"Also es ist, glaube ich, ganz, ganz viel Gespräch und Empathie und Zuhören und auf Kleinigkeiten achten und zwischen den Zeilen lesen."
Dark Patterns und kognitive Überlastung – ein UX-Wake-up-Call
Ein zentraler Lerneffekt aus dem Experiment: „Es ist ein Dark Pattern, wenn Apps zu viele Informationen einsammeln, ohne sich auf das eigentliche Ziel zu konzentrieren“, so Thomas. Vor allem für Menschen mit Einschränkungen wird jeder zusätzliche Screen, jeder Button zur Hürde.
Besonders bitter: Selbst Apps, die als barrierefrei gelten – wie in der zweiten Folge getestete Booking.com – zeigen im Detail, wie schwerfällig Interaktion unter realen Bedingungen wird. Was auf dem Papier „compliant“ ist, ist in der Praxis oft weit entfernt von „gut benutzbar“.
5 praktische Learnings aus Episode eins
1. Priorisiere radikal das Hauptziel.
UX-Design darf keine kognitive Belastung erzeugen – vor allem nicht am Ende einer Journey.
2. Vermeide Informationsrauschen.
Verabschiede dich von überflüssigen Pop-ups, Freundesfunktionen oder Bewertungen nach dem Abschluss eines Tasks.
3. Teste mit echten Betroffenen.
Simulationen helfen nur begrenzt. Lade reale Nutzende mit Einschränkungen ein – anonym, respektvoll, aber unbedingt authentisch.
4. Denke paradigmatisch um.
Ein Screenreader ist keine Lösung, wenn die Informationsstruktur für visuelle Nutzung gedacht ist. Sprachbasierte, AI-gestützte Interfaces könnten vieles revolutionieren.
5. UX ist auch Verantwortung.
Barrierefreiheit ist kein „Feature“, sondern ein Menschenrecht – das auch über Leben und Tod entscheiden kann.
Blick in die Zukunft: Was bringt Odyssee Accessibility noch?
Die nächsten Episoden versprechen tiefe Einblicke – etwa in den Alltag blinder Menschen bei der Nutzung von Booking.com oder gehörloser Personen bei Notruf- und Warn-Apps. Besonders spannend: Die UX der Nora-App soll auf den Prüfstand – eine Anwendung, die im Ernstfall Leben retten muss.
Für alle UX Professionals heißt das: Zuhören, mitmachen, mitdenken. Und wer selbst Teil des Projekts werden möchte, kann anonym mitwirken – mit maximalem Datenschutz und respektvollem Umgang.