German UPA | Beitrag vom 16.06.2025
UX-Bewerbungen, die überzeugen: Was wirklich zählt – und was nicht

Der UX-Jobmarkt ist angespannt. Auf eine gute Stelle bewerben sich schnell Hunderte, doch viele Portfolios scheitern bereits in der ersten Sichtung. Warum? Drei UX-Expertinnen geben Einblicke in das, worauf Hiringmanager*innen wirklich achten – und was Bewerbende sich sparen können. Ein Deep Dive in UX-Portfolios, Lebensläufe und Bewerbungsmut.

Titelbild Bewerbungen

Auf einen Blick

UX-Bewerbungen überzeugen nur dann, wenn sie klar strukturiert, auf den Punkt gebracht und individuell auf die Zielrolle zugeschnitten sind – Design allein reicht nicht.

  • Der Lebenslauf ist dein erstes UX-Projekt: Eine saubere Struktur, klare Hierarchie und fehlerfreier Aufbau zeigen bereits, ob du UX wirklich verstanden hast.
  • Portfolio: Qualität vor Quantität: Lieber ein bis zwei starke, nachvollziehbar präsentierte Case Studies mit klarem Eigenanteil als ein überfrachtetes Showreel.
  • Zeig Motivation, nicht nur Qualifikation: Warum du UX machst, warum genau dieses Unternehmen – Authentizität schlägt Zertifikate, besonders für Quereinsteiger*innen.
  • Visual Storytelling statt Textblöcken: Gute Portfolios lesen sich wie Landingpages – mit visueller Struktur, prägnanten Headlines und schnellen Scannermöglichkeiten.
  • Feedback & Tools sind Pflicht: Peer-Reviews, Usability-Tests und KI wie ChatGPT helfen, das eigene Portfolio gezielt zu schärfen und auf die jeweilige Stelle abzustimmen.

Zwischen Reiz und Realität: UX-Bewerbungen im Härtetest

Es klingt ernüchternd: UX-Manager*innen sehen jeden Monat Dutzende Bewerbungen – doch nur wenige Portfolios überzeugen. „Ich bekomme 300 Bewerbungen auf eine Stelle – und 95 % der Portfolios sind entweder zu lang, zu unklar oder einfach nicht relevant“, so Tanja Hohenstatt, Team Lead UX bei Checkmk. Besonders im B2B-Bereich zählen klare Informationen, Motivation und das richtige Skillset – nicht das Design-Feuerwerk.

Auch Laura Marwede, Head of UX bei der Digitalagentur Team 23, kennt diese Herausforderung: „Ich habe Bewerbungen mit tollen Studienprojekten gesehen, aber wenn mir nicht klar ist, was die Person wirklich selbst beigetragen hat, bringt mir das nichts.“ Portfolios scheitern oft nicht am Design – sondern an fehlender Transparenz und Relevanz.

Was Hiringmanager*innen wirklich wollen

1. Kein Portfolio ist besser als ein schlechtes.
Tanja sagt es deutlich: „Wir fordern kein Portfolio an – die meisten schicken trotzdem eins. Aber ein schlechtes Portfolio kann zur direkten Absage führen.“

2. Der Lebenslauf ist das UX-Produkt.
Viele unterschätzen den Lebenslauf – ein Fehler. „Wenn schon der Lebenslauf nicht sauber strukturiert ist, sehe ich schwarz für komplexe Interface-Gestaltung“, erklärt Tanja.
Laura ergänzt: „Ich achte stark auf Layout, Klarheit und Details. Der Lebenslauf ist wie ein Mini-UX-Projekt.“

3. Motivation schlägt Zertifikat.
Ein gutes Portfolio beginnt mit einem klaren Ziel. „Sag mir, was dich motiviert. Warum UX? Warum wir? Warum jetzt?“, so Laura. Gerade Quereinsteigerinnen punkten, wenn sie ihre Stärken in den Kontext bringen – und nicht versuchen, Designerinnen zu imitieren.

Reale Tipps für bessere UX-Bewerbungen

1. Konzentriere dich auf 1–2 starke Case Studies.
Nicht die Masse entscheidet. Zeig lieber einen durchdachten Prozess, den du mitgestaltet hast – und gib explizit an, was dein Anteil war.

2. Vermeide Textwüsten – nutze visuelle Hierarchie.
„Ich scanne Portfolios wie Landingpages: Headline, Bild, Bulletpoints – mehr schaffe ich oft gar nicht“, sagt Laura. Gute visuelle Struktur = UX-Nachweis.

3. Nutze eine Struktur mit Wirkung:

  • Seite 1: Wer bist du?
  • Seite 2: Warum dieses Unternehmen?
  • Seite 3: Relevantes Projekt mit Bildern, Stichpunkten, evtl. Link zur Detailansicht
  • Seite 4: Optional: Weitere Skills oder Highlight

4. Nutze KI clever.
Zorica Zettelmeyer, erfahrene UX Professional und aktuell aktiv auf Jobsuche, setzt auf Tools wie ChatGPT: „Ich analysiere mit KI die Stellenanzeige und vergleiche sie mit meinem Portfolio. So finde ich genau die Punkte, die ich betonen muss.“

5. Feedback ist Pflicht.
„Ich entwickle meine Portfolios nie mehr allein“, betont Zorica. Feedback von Peers oder Mentorinnen hilft, blinde Flecken zu erkennen. Auch Mini-Usability-Tests mit Nicht-Designerinnen können extrem hilfreich sein.

Und was ist mit Bewerbungsvideos?

Franziska, UXlerin auf dem Weg ins Freelancing, fragt sich: Bewerbungsvideo – cringe oder clever? Laura und Tanja sind sich einig: Wenn es gut gemacht ist, gerne! „Ich habe noch nie eines bekommen. Aber wenn es authentisch ist, würde ich es mir anschauen“, so Tanja. Nur bitte kein erzwungener Humor oder aufgesetztes Selbstlob. Die Devise: Wenn, dann ehrlich, knapp und sympathisch.

UX-Freelancer: Was zählt bei der Bewerbung?

Freelancer-Portfolios unterliegen anderen Maßstäben. „Wenn ich Freelancerinnen suche, habe ich meist ein konkretes Projekt im Kopf – dann muss ich sofort sehen, ob sie dazu passen“, erklärt Laura. Heißt konkret: Zeig, was du kannst – und für welche Art Projekt.

Der vielleicht wichtigste Faktor: Timing & Netzwerk

Egal wie gut das Portfolio ist – viele Entscheidungen hängen vom Moment ab. „Manchmal passen Bewerbungen einfach nicht in unsere aktuelle Lage – obwohl sie gut sind“, sagt Laura. Deshalb: Netzwerken! Konferenzen, Messen, LinkedIn – direkte Kontakte schlagen jedes noch so feine Anschreiben.

Fazit

UX-Portfolios sind kein Selbstzweck. Sie sind Tools, um dich und deine Arbeit sichtbar zu machen. Wenn du verstanden hast, wen du überzeugst und was diese Person braucht, bist du auf dem richtigen Weg.

Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:

  • Lebenslauf ist UX: Strukturiert, fehlerfrei, visuell klar.
  • Portfolio: Weniger ist mehr. Zeig echte, relevante Skills.
  • Motivation ist essenziell – besonders bei Quereinstieg.
  • Visualisiere, statt zu texten. Denke in Bulletpoints, Bild und Story.
  • Nutze Feedback, Usability-Tests und Tools wie ChatGPT.
  • Zeig deinen Stil – nicht das, was alle machen.
  • Netzwerk schlägt Standardprozess.

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