German UPA | Beitrag vom 17.12.2025
Zwischen Beziehungsarbeit und Strategie: Wie sich UX-Rollen wirklich verändern

Eine Community-Reflexion aus dem UPA-Tutorial zur UX-Rollenlandkarte

UX ist vielfältig. Und genau darin liegt oft die Herausforderung.

Viele UX Designer:innen arbeiten heute als Generalist:innen, nicht weil sie es bewusst wählen, sondern weil Strukturen sie dazu drängen. Kleine Teams, niedriger UX-Reifegrad und unklare Erwartungen führen dazu, dass UX breit statt fokussiert arbeitet. Was fehlt, ist ein gemeinsames Verständnis dafür, wie unterschiedlich UX wirken kann und welche Rolle wir jeweils einnehmen.

Gemeinsam mit Mitgliedern der German UPA haben wir im Rahmen eines Tutorials genau hier angesetzt. Nicht mit Titeln oder Methoden, sondern mit einer Frage, die im Kern unserer Arbeit liegt: Welche Rolle spiele ich im Team, in der Organisation, im System?

Aus dieser Reflexion entstand die UX-Rollenlandkarte. Und gemeinsam haben wir sie mit Leben gefüllt.

Warum eine Rollenlandkarte?

Unsere These: Je komplexer UX wird, desto wichtiger ist ein klarer innerer Fokus. Auch wenn wir operativ weiterhin viele Hüte tragen.

Spezialisierung im Denken ist keine Jobbeschreibung, sondern eine Haltung. Sie unterstützt uns dabei, Wirkung bewusster zu gestalten:

  • Teams gezielt ergänzen statt zufällig zu überlappen
  • Stakeholder klarer abholen und Erwartungen sichtbar machen
  • Persönliche Entwicklung ausrichten und Überlastung reduzieren
  • Grenzen wahrnehmen und schützen

 

Vor allem aber zeigt sich hier: Gute UX entsteht nicht nur an Interfaces. Sie entsteht dort, wo Beziehungen, Strukturen und Entscheidungen gestaltet werden.

Die UX-Rollenlandkarte im Überblick

Die Karte basiert auf zwei Achsen:

Arbeitsstil: reflektierend ↔ gestaltend Wirkungsraum: Mensch/Team ↕ Organisation/System

Daraus entstehen vier Rollenräume, die UX Professionals im Alltag einnehmen, oft ohne es bewusst zu merken. Im Tutorial haben wir gemeinsam reflektiert, welche Aufgaben dort liegen, welche Spannungen entstehen und welche Skills künftig zentral werden.

Beziehungs-Scout

„Ich höre, was noch nicht gesagt wurde.“ Fokus: menschlich-reflektierend Beispielhafte Rollen: Coach, Service-Designer:in

Diese Rolle bringt Empathie, Zuhörkompetenz und Klarheit ins Team. Sie macht Bedürfnisse sichtbar, erkennt Spannungen und gibt Nutzer:innen eine starke Stimme.

Community-Fragen: - Wie schaffen wir echte Beziehungen zu Nutzer:innen? - Wie priorisieren wir Erkenntnisse sinnvoll? - Wie übersetzen wir Research in greifbare Team-Insights?

Zentrale Skills: Empathie, Interviewführung, Fragetechniken, Storytelling, Datenpriorisierung, visuelle Aufbereitung

Insight: Beziehungsarbeit wirkt leise, aber sie entscheidet darüber, wie Teams verstehen, für wen sie gestalten.

Team-Driver

„Ich bringe Teams in Bewegung.“ Fokus: menschlich-gestaltend Beispielhafte Rollen: People Lead, Culture Shaper

Hier geht es um Zusammenarbeit. Team-Driver:innen verankern UX im Alltag, verbinden Disziplinen und machen die Bedeutung von UX sichtbar.

Community-Fragen: - Wie schaffen wir gute Rahmenbedingungen für UX? - Wie holen wir Kolleg:innen rechtzeitig ins Boot? - Wie verhindern wir, dass UX reine „Verpackung“ bleibt?

Zentrale Skills: Stakeholder-Kommunikation, Netzwerkaufbau, Konfliktsensibilität, Frustrationstoleranz, Advocacy

Insight: Diese Rolle braucht Geduld, Wiederholung und die Bereitschaft, UX kontinuierlich zu erklären.

System-Beobachter:in

„Ich erkenne Muster im System.“ Fokus: systemisch-reflektierend Beispielhafte Rollen: Research Advocate, Berater:in

System-Beobachter:innen analysieren Zusammenhänge und Entwicklungen. Sie erkennen Muster, bevor andere sie benennen können, und geben Orientierung in unsicheren Zeiten.

Community-Fragen: - Wie sichern wir Wissen in einem Umfeld technologiegetriebener Dynamiken (s. KI)? - Welche Trends sind relevant und welche reiner Hype? - Wie schaffen wir Sicherheit, wenn sich alles verändert?

Zentrale Skills: Systemdenken, Abstraktion, Trendbewertung, Change-Kompetenz, Meta-Research

Insight: Systembeobachtung braucht Distanz, Neugier und die Fähigkeit, Ambivalenz auszuhalten.

System-Gestalter:in

„Ich verändere Systeme durch Design.“ Fokus: systemisch-gestaltend Beispielhafte Rollen: UX Strateg:in, Impact Owner

Hier wird UX zur strategischen Kraft. System-Gestalter:innen bringen UX auf Management-Ebene ins Gespräch und formen Prozesse, Entscheidungen und Strukturen.

Community-Fragen: - Wie wird UX Teil der Strategie und nicht nur der Umsetzung? - Wie integrieren wir neue Prozesse ohne unnötigen Widerstand? - Wie bleiben wir als UX-Funktion langfristig relevant?

Zentrale Skills: Strategieentwicklung, Diplomatie, Zielübersetzung, Organisationsverständnis, Agenda-Setting Insight: Systemgestaltung bedeutet, zwischen Business, Nutzer:innen und Team zu vermitteln, ohne die eigene Haltung zu verlieren.

Was bleibt?

Die UX-Rollenlandkarte ist kein Framework zum Ausfüllen, sondern ein Denkraum. Sie hilft uns, die eigene Wirkung zu verstehen und Rollen bewusster zu wählen.

Sie erinnert uns daran: -> Haltung prägt Wirkung. -> Wachstum entsteht im Zusammenspiel. -> Klarheit ist der Beginn jeder Entwicklung.

Impulsfrage

Welche Rolle prägt deine Arbeit aktuell am stärksten und welche möchtest du bewusster stärken?

Danksagung

Ein großes Dankeschön an alle Teilnehmenden des Tutorials. Sich selbst entlang einer Rollenlandkarte zu positionieren und offen über die eigene Wirkung im System zu sprechen, braucht Mut, Klarheit und Reflexionsbereitschaft. Eure Offenheit, eure Fragen und eure Gedanken haben die Rollenlandkarte mit Leben gefüllt und sie weit über ein theoretisches Modell hinausgeführt.

Ihr seid diejenigen, die UX in Organisationen voranbringen und die Zukunft unserer Disziplin aktiv gestalten. Dieser Prozess beginnt genau in solchen Momenten des gemeinsamen Nachdenkens.

Unser Dank gilt auch der German UPA für die Organisation und dafür, dass sie Räume schafft, in denen UX-Professionals zusammenkommen, voneinander lernen und gemeinsam an einer verantwortungsvollen Zukunft für UX arbeiten.