German UPA | Beitrag vom 07.08.2014 –
G-UPA Mitglied der halbWoche: Mohammad Ali Rahimi
Blog frei für Mohammad Ali Rahimi, der von dem Wunsch beflügelt wird, dass Usability integraler Teil jeder komplexen Entwicklung wird und dazu Beiträgt, dies im Haushalt und heimischen Lebensumfeld in die Tat umzusetzen.
Smart things are simple: Die einfachsten Lösungen sind die besten, aber um dorthin zu gelangen braucht man das gesammelte Wissen von allen Beteiligten.
- Mohammad Ali Rahimi
- Geschäftsführer (Seamless Interaction GmbH & Co. KG)
- Mitglied seit 2013
- Warum sollten andere Mitglieder mit dir in Kontakt treten?Interesse sich mit einem Menschen über die technischer Seite auszutauschen. Fragen im Bereich Usability von Tangible und Wearable Devices zu diskutieren. Gespräche über Vernetzung, Internet der Dinge im Zusammenhang mit Usability führen. Sich über Veränderung der IT-Branche zu unterhalten. Von „Run the Business“ zu „Change the Business“, also von Kostenoptimierung hin zum Erkunden und Akquirieren von neuen Märkten durch neue Produkte und Dienstleistungen.
Wie bist du zur Usability gekommen?
Vorweg: Ich bin Informatiker und damit sind meine Ansichten stark von Menschen aus der Informatik geprägt!
Auf Usability wurde ich im Informatikstudium (2007) während eines Projektes zum Thema Human Computer Interaction (HCI) und Computer-supported cooperative work (CSCW) aufmerksam. Fokus war es den Arbeitsalltag im Büro durch Technik zu vereinfachen. Weit gefehlt, denn Technik alleine war nicht die Lösung! Das war uns damals noch nicht bewusst, aber in dieser Technologie getriebenen Umgebung hatten wir die Möglichkeit intensiv mit Eyetracking, Motiontracking, (Multi-)Touch, Multidisplay, etc. zu experimentieren, um festzustellen, dass sich viel erreichen lässt, aber dadurch nicht alles einfacher wird… Erkenntnis!
Fasziniert bin und war ich damals vor allem von den Ideen und Visionen von Vorreitern wie Alan Kay, Mark Weiser, Hiroshi Ishii, John Maeda und vielen mehr. Unser damaliger Professor Kai von Luck hat unsere Bestrebungen HCI zu verstehen passioniert unterstützt mit den Worten: „Es ist mir eine Herzensangelegenheit!“ Vielen Dank dafür!
HCI kann man nicht nur theoretisch verstehen - man muss sie anwenden
Die nächste große Baustelle in 2009 war dann naheliegend. Wenn man funktionierende Konzepte überträgt auf den Haushalt kann man sicherlich einiges verbessern, so die Idee für das LivingPlace Hamburg (www.livingplace.org). Und so haben wir gemeinsam mit unseren Professoren Anträge geschrieben, um die Wohnung der Zukunft zu erdenken und umzusetzen. Diesmal war jedoch klar, dass es sich um ein interdisziplinäres Projekt handeln würde, denn Technik alleine war nicht die Lösung aller Problemen, jedoch ein s.g. „Enabler“. Auch klar war, dass es sich um Erlebnisräume handelt, die nicht durch Mauern und Wände beschränkt sind. Damit war nicht ausschließlich das Innere der Wohnung Teil des Konzeptes, sondern die gesamte Umgebung inklusive der Menschen („urban living“). Ein erster Ansatz von UX…?
Ohne Overload Technologie in die Lebensumgebung integrieren?
Es waren Fragestellungen der Usability, die mich zu der Zeit besonders inspiriert haben.
Technisch war es durchaus möglich, Computing Power nahezu unsichtbar in der Lebensumgebung zu verteilen. Wie jedoch findet dann die Interaktion des Menschen mit der Technik statt? Was sind die Auswirkungen von dauerhaftem Monitoring durch Sensoren in der Umgebung und am Menschen? Was ist eigentlich einfache und intuitive Bedienung und welche Faktoren spielen dabei eine Rolle? Gibt es hier, wie bei den Büros / im Arbeitsalltag den s.g. „Information Overload“? Komfortfunktionen soll die Umgebung automatisch ausführen können, zur richtigen Zeit die richtige Funktion! Aber wie erreicht man dabei eine Balance zwischen Automatisierung und Kontrolle, ohne dass der Mensch durch "ghostly effects" eingeschüchtert wird?
Diese Erfahrungen und der Kontakt zu vielen Unternehmen mit ähnlichen Problemstellungen hat uns dann 2011 dazu bewogen ein Unternehmen für digitale Produktentwicklung gründen.
Warum bist du Mitglied in der German UPA?
Der Austausch zwischen Gleichgesinnten. In einer größeren Gruppe mehr erreichen.
Welche Bücher sollte man aus deiner Sicht als Usability Professional unbedingt gelesen haben?
Unbedingt nicht, aber vll. sind ganz interessant:
- Sketching User Experiences: Getting the Design Right and the Right Design | Bill Buxton
- Es gibt kein Einfach ohne Schwer: The Laws of Simplicity | John Maeda
- Schöne Zusammenfassung der HCI Geschichte: Designing Interactions | Bill Moggridge
- Ist Kreativität wenigen Vorbehalten? Creative Confidence | Tom Kelley
- Für mich ein Klassiker: Design of Everyday Things | Don Norman
Und viele mehr…
Welche Blogs/Webseiten empfiehlst du?
Hier schaue ich gelegentlich rein:
Wo beziehst du sonst neues Usability-Wissen her?
n der Hauptsache durch neuen Kundenkontakt. Es ist faszinierend welche Lösungen sich die Menschen einfallen lassen, die dann adaptiert übertragbar sind auf andere Bereiche.Und E-learning: udacity.com, coursera.org, pluralsight.com
Welche Konferenzen / Veranstaltungen empfiehlst du?
http://www.meetup.com/ und schauen was einem gefällt…
Was sind deine Lieblingstools im Usability-Bereich?
Abhängig von der Aufgabenstellung von Papier und Stift und dann im Softwarebereich über digitale Mockups (Balsamiq & co), Visual Studio und XCode für interaktive Protoypen bis hin zur Realisierung und im Hardwarebereich Rapid Prototyping, Arduino, Raspberri PI und Sensoren/Aktoren.
Für die Messung von Ergebnissen dann Online Analyse Tools oder den Service von anderen Usability Professionals nutzen; bei Hardware ist das deutlich komplexer, bei Interesse kann ich einzelnen über unsere Erfahrungen berichten.
Was ist die größte Herausforderungen bei deiner Arbeit in Bezug auf die Usability und was sind deine Lösungsansätze?
Fast jedes komplexe Projekt hat zumindest Anteile die herausfordernd sind. Zum Beispiel, wenn bereits spezielle Technologien und Tools in den Köpfen sind (z.B. Software as a whatever ,Energy Harvesting, Design Thinking). Es ist dann sehr aufwändig erst die Begriffe, Tools und Technologien zu definieren, um ein gemeinsames Verständnis für die eigentliche Problematik herzustellen. Allerdings lohnt sich die Mühe.
Manchmal ist die Technologie einfach noch nicht so weit
Manchmal kommt es auch vor das die passende Technologie einfach noch nicht so weit ist. Ein bestimmter Sensor, ein spezielles Framework ist noch nicht marktreif. Dann machen wir an der Stelle weiter, wo andere aufgehört haben oder zeigen Alternativen auf.
Vor kurzem erst: „Wir haben hier diese Screens anfertigen lassen. Erste Versuche mit Kollegen haben gezeigt, dass die Bedienung zu kompliziert ist. Wir hätten gerne eine intuitivere Bedienung, aber die Designs sollen so bleiben!„ – Diese Angst vor Investmentverlust kann man eigentlich nur über Vertrauen ausgleichen, das ist herausfordernd.
Die Mitwirkung des Kunden bei neuen Produkten ist essentiell, jedoch kann nicht jeder Kunde genügend Kapazitäten dafür Freimachen. In solchen Fällen hat sehr gut funktioniert, an anderen Stellen Effizienz zu steigern, was wiederum Freiräume schaffte für Neues. Basis hierfür ist natürlich auch Vertrauen.
Was wünscht du dir von der Usability Branche in Zukunft?
Es wäre schön, wenn Usability integraler Teil bei jeder komplexen Entwicklung würde. Und so wie ich es sehe sind wir auf dem richtigen Weg.
Welche Produkte haben aus deiner Sicht eine ausgezeichnete Usability?
Apple Produkte =) Das sage ich wahrscheinlich weil ich ein Fanboy bin. Aber es ist doch ein Fünkchen Wahrheit dabei. Es sind Produkte und Dienstleistungen, die uns Menschen emotional berühren und dadurch auszeichnungswürdig sind. Ein Buch dazu vielleicht: Emotional Design | Don Norman.
An welchen Projekten arbeitest du gerade?
Projekte bei denen die Vernetzung von bestehenden Produkten durch Software Märkte für neue Produkte und Dienstleistungen eröffnet. Im Bereich Smart Environments der Luftfahrt, Schifffahrt und Gesundheit, sowie im Bereich Content Management und E-Learning.
Was war dein größtes „Aha-Erlebnis“ in Bezug auf Usability?
Aha-Erlebnis in Bezug auf Usability und Technologie, dass ich nicht besser ausdrücken könnte:
„Everything is best for something and worst for something else. The problem is, when someone hits a home-run with one technology in one area, people try to ride on the coat-tails of that success, and indiscriminately deploy the same technology in the too-often misguided blind hope that the new deployment will achieve the same success. […] Without an equally solid understanding of both the strengths and weaknesses of the technology - when, where, why, how, for what, and for whom it is and isn’t suitable - one is gambling rather than practicing design (much less acting in the best interests of users, shareholders, or employees).“ Bill Buxton