German UPA | Beitrag vom 16.01.2014 –
Die Rolle von User Experience Design. Teil III - Design als kooperativer Prozess
Design als kooperativer Prozess
Soll ein Projekt erfolgreich sein, müssen wir die Projektbeteiligten und Stakeholder in die Erarbeitung der User Experience einbinden. Design darf nicht im „leeren Raum“ stattfinden, sondern Lösungsideen und Designalternativen sollten gemeinsam erarbeitet und diskutiert werden.
Auf diese Weise können wir die verschiedenen Sichtweisen besser berücksichtigen. Wir „holen unsere Kollegen besser ab“. Sie sehen, wie viele Überlegungen in ein Design-Konzept einfließen, aus wie vielen (kleinen) Entscheidungen ein Konzept besteht und welche Konsequenzen auch vermeintlich kleine Entscheidungen auf die gesamte Produkterfahrung haben können. Wir machen Design für sie erfahrbar. Und nebenbei zeigen wir auch den Nutzen und die (positiven) Auswirkungen von UX-Aktivitäten auf.
Zusätzlich erzeugt ein gemeinsames Ergebnis buy-in. „Überraschen“ wir unser Team mit einer fertigen Lösung, müssen wir diese erst erläutern und das Team von ihr überzeugen. Wird die Lösung aber gemeinsam erarbeitet, kennen unsere Kollegen bereits die Entstehungsgeschichte und alle relevanten Details.
Aber Kollegen einzubeziehen und gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten sollte nicht als „Design by Commitee“ missverstanden werden. Wir brauchen den Austausch mit unseren Kollegen um eine Lösung zu gestalten, die technisch umsetzbar, vermarktbar und gebrauchstauglich ist. Entscheidungen zur Gestaltung und Gebrauchstauglichkeit sollten allerdings von uns getroffen werden.
Ein Artikel, der dieses Spannungsfeld gut beschreibt, ist „Death to design by committee“ von Paul Boag.
Im Folgenden werde ich die verbleibenden Schritte vorstellen, die ich aus Camillus’ Lösungsansatz für bösartige Probleme abgeleitet habe.
3. Ideen dokumentieren und kommunizieren
Eine Möglichkeit, Ideen zu dokumentieren und zu kommunizieren, ist das Erstellen von Skizzen. Sie lassen sich gemeinschaftlich und bereits früh im Projektverlauf unaufwendig erstellen. Mit Papier und Stift können wir schnell verschiedene Konzepte (zum Beispiel als Wireframes) explorieren und vergleichen. Da Skizzen per Definition ungenau sind, regen sie die Phantasie und die Diskussion an. Außerdem kommen uns beim Zeichnen neue Ideen und Fragen in den Sinn. Skizzieren hilft uns also, das Problem besser zu verstehen, während wir an einer Lösung arbeiten.
Die größte Schwierigkeit, die wir beim Skizzieren überwinden müssen, ist das Unbehagen, vermeintlich schlecht aussehende und unfertige Ergebnisse zu präsentieren. Aber es ist besser, schnell und frühzeitig Feedback zu bekommen, als lange an einem schönen, aber leider falschen Vorschlag zu arbeiten.
In meinen Artikel „Sketching For Better Mobile Experiences“ gehe ich genauer auf Stärken von Skizzen und auf Best-Practices ein.
Natürlich gibt es noch weitere Möglichkeiten, Ideen einfach zu dokumentieren und fest zu halten: Zum Beispiel Personas, die das Wissen über die Zielgruppen zusammenfassen, Stellwände, die den aktuellen Stand des Produktkonzepts zeigen, oder ein Kanban-Board, das die geplanten und aktuellen Tätigkeiten des Teams dokumentiert.
4. Stakeholder einbeziehen
Wie bereits erwähnt, ist es wichtig, das Projektteam und Stakeholdereinzubeziehen. Zum einen ist der Input des gesamten Teams wichtig, zum anderen lassen sich so die Erwartungen, die an das Ergebnis gestellt werden, besser managen.
Eine einfache Möglichkeit, Projektpartner einzubeziehen, ist die so genannte Design Studio-Methode. Hierbei skizzieren alle Teilnehmer (in einem vorgegebenen, engen Zeitrahmen) Teile des Produkts, zum Beispiel einen einzelnen Screen oder einen Teilbereich, und stellen im Anschluss ihre Lösungen vor. Diese werden dann diskutiert und bewertet. So kommen in kürzester Zeit viele Ideen zusammen, aus denen man die besten auswählen und weiter verfolgen kann.
5. Mache kleine Schritte, überprüfe dein Ergebnis und iteriere
Diese Empfehlung muss ich nicht groß erläutern, da iteratives Vorgehen und regelmäßiges Testen bereits feste Bestandteile unserer Arbeit sind. Im Englischen gibt es die Redewendung „Fail, early, fail fast, fail often.“, die ziemlich treffend beschreibt, wie wir in Projekten vorgehen sollten: Wir sollten möglichst frühzeitig möglichst viele unserer Annahmen überprüfen, da zu diesem Zeitpunkt Fehler einfacher zu beheben sind und wir aus unseren Fehlern lernen können.
Wir müssen uns im Voraus überlegen welche Annahmen wir überprüfen wollen. Anschließend müssen wir entscheiden, was der schnellste und einfachste Weg ist, unsere Fragestellung zu überprüfen – ist es eine Skizze, ein paar Wireframes oder ein Papier- oder ein low-fidelity Prototyp? Mit diesem Artefakt sollten wir dann Feedback einholen – von Kollegen, von unserem Team, von Stakeholdern oder von potentiellen Nutzern. Auf diese Weise können wir unsere Annahmen mit möglichst wenig Aufwand überprüfen und unser Konzept verbessern.
Wie in meinem Beitrag (hoffentlich) gezeigt, besitzen wir UX-Professionals die Werkzeuge, die helfen Projekte erfolgreich werden zu lassen. Unsere Stärke ist unser Fokus auf die Gestaltung des angestrebten Produkterlebnisses. Dieser hilft, dass Projekte ihrer Vision und ihren Zielen treu bleiben. Zusätzlich fördern unsere Techniken die Kooperation der verschiedenen Disziplinen, die für ein erfolgreiches Produkt unerlässlich ist.
Für weitere Hintergründe zum Thema lohnt sich auch ein Blick in den Tagungsband der Usability Professionals 2012. In Lennart Hennigs Beitrag "Design mit Nicht-Designern" werden weitere Probleme beleuchtet.
Über Lennart Hennigs
Lennart Hennigs ist Senior Interaction Designer bei der Deutschen Telekom, wo er mobile Anwendungen und Festnetz-Telefone gestaltet. Seit mehr als zehn Jahren beschäftigt sich Lennart mit User Centered Design. Zuletzt hat er ein eBook über Mobile Prototyping mit dem Tool Axure RP veröffentlicht.
mail: mail83@lenKrnart8whennsFigs.nRDde6">mail@lennarthennigs.de
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