German UPA | Beitrag vom 27.03.2025
KI-Personas in UX: Zwischen Hype, Hoffnung und harter Realität

Was, wenn deine nächste Persona aus der KI kommt? In der UX-Community wird der Einsatz von KI-generierten und -simulierten Personas kontrovers diskutiert. Julia Beyer und Anna Bauer von MAI eresult haben beim UX-Chat ihre praktischen Erfahrungen, Tools, Zweifel – und echten Aha-Momente geteilt. Eine Diskussion, die zeigt: Zwischen Innovationsschub und Vertrauenskrise ist (fast) alles möglich.

Echte Personas vs. KI Personas

Auf einen Blick...

KI-generierte und -simulierte Personas können UX-Teams als kreative Sparringspartner und Recherche-Booster unterstützen – aber sie ersetzen keinen echten User Research und erfordern kritische Reflexion und UX-Know-how.

  • Zwei Arten, zwei Funktionen: KI-Personas entstehen entweder automatisch aus Daten (generiert) oder agieren interaktiv in einer Rolle (simuliert) – beide Formen haben praktische Einsatzmöglichkeiten, aber klare Grenzen.
  • Tool-Vielfalt mit Stärken und Schwächen: Getestete Tools wie ChatGPT, Leanscope AI oder Xelpa liefern schnell Ergebnisse, zeigen aber teils begrenzte Tiefe und hängen stark von Prompt-Qualität und Datenbasis ab.
  • Guter Einstieg, kein Ersatz: KI-Personas helfen bei knappen Budgets, unbekannten Zielgruppen oder Hypothesenbildung – sind aber keine Grundlage für finale Designentscheidungen.
  • Menschlichkeit bleibt zentral: Emotionen, Nuancen und unvorhersehbare Reaktionen realer Nutzer:innen lassen sich (noch) nicht simulieren – daher gilt: KI als Impuls, nicht als Wahrheit.
  • Tipps für den Alltag: Klare Use Cases, präzise Prompts, kritische Validierung und gezielter Einsatz im UX-Prozess machen KI-Personas zu nützlichen, aber keinesfalls allwissenden Begleitern.

KI-Personas: Wer braucht sie – und wofür?

Immer mehr UX-Professionals fragen sich: Können KI-generierte Personas menschliche User Research ersetzen – oder zumindest effizient ergänzen? Julia Beyer und Anna Bauer definieren zwei klare Anwendungsfälle:

  1. KI-generierte Personas: Die KI erstellt eigenständig eine Persona auf Basis von Trainingsdaten oder eingegebenen Informationen. Der Output kann ein klassisches Persona-Sheet sein, aber auch Kurzprofile oder narrative Beschreibungen.
  2. KI-simulierte Personas: Hier "schlüpft" die KI in eine definierte Rolle – etwa basierend auf echten User-Daten – und reagiert interaktiv auf Fragen. Eine Art Gespräch mit einer digitalen Persona.

Beide Varianten haben Potenzial – aber auch klare Grenzen.

Der Tool-Check: Was aktuell möglich ist

Anna und Julia nennen vier Tools, die sie in der Praxis getestet haben:

  • ChatGPT: Schnell einsetzbar für das Erstellen und Simulieren von Personas via Prompt.
  • Leanscope AI: Besonders im deutschsprachigen Raum verbreitet; erlaubt Erstellung und Dialog mit Personas.
  • Scientific Users: Tiefeninterviews mit simulierten Personas, ideal für qualitative Analysen.
  • Xelpa: Bietet starke Individualisierungsmöglichkeiten und maßgeschneiderte Persona-Modelle.

Jörg, Teilnehmer des Chats, stellte außerdem den Product Context Analyzer vor – ein Tool, das nicht nur Personas, sondern auch vollständige Aufgabenanalysen und Stakeholder-Netzwerke generiert. Beeindruckend, aber mit Vorsicht zu genießen. 

Praxisfazit: Zwischen Recherche-Booster und Realitätsverlust

Der Konsens im Chat ist eindeutig: KI-Personas sind keine Alternative zum echten Research – aber ein gutes Werkzeug für den Einstieg. Gerade wenn:

  • wenig Budget zur Verfügung steht,
  • neue, unbekannte Zielgruppen erschlossen werden sollen,
  • man Hypothesen für den weiteren Research generieren will.

Anna bringt es auf den Punkt: „Wir hatten Fälle, da hat die KI unsere Erkenntnisse bestätigt. In anderen lag sie völlig daneben. Und manchmal hat sie neue, plausible Thesen aufgebracht – das war spannend.“

Julia ergänzt: „Wir nutzen KI-Personas eher als Sparringspartner – für Brainstormings, zur Exploration, zum Perspektivwechsel. Aber sie treffen keine Entscheidungen.“

Vertrauen, Verantwortung und der Faktor Mensch

Die zentrale Frage bleibt: Können wir KI-Personas trauen? Die Antwort ist vielschichtig:

  • Biases sind in KI-Systemen tief verankert – je nach Datenlage und Prompt-Qualität.
  • Tiefe und Nuancen fehlen oft – KI antwortet souverän, aber häufig redundant.
  • Emotionale Tiefe lässt sich simulieren, aber nicht erleben. „Ich hatte schon Proband*innen im Interview, die bei einem Feature emotional wurden. Das kann eine KI nicht nachstellen“, sagt Anna.

Trotzdem können KI-Personas helfen, typische UX-Probleme zu entschärfen: Dominante Stimmen in Workshops, gruppendynamische Verzerrungen oder fehlende Stakeholder-Aufmerksamkeit. Der Trick? KI als neutrale Impulsgeberin nutzen – aber mit UX-Know-how gegenchecken.


5 knallharte Tipps für deinen Umgang mit KI-Personas

  1. Kenne deinen Use Case: KI eignet sich gut für die Exploration – aber nicht für finale Design- oder Produktentscheidungen.
  2. Nutze klare Prompts: Definiere Rolle, Kontext, Tonfall und Perspektive der Persona so konkret wie möglich.
  3. Validiere kritisch: Was plausibel klingt, ist nicht automatisch korrekt. Immer gegen echten Research halten.
  4. Binde Stakeholder ein: Lass Nicht-UXler mit KI-Personas interagieren – das erhöht die Empathie und Akzeptanz.
  5. Setze KI gezielt ein: Als Ideengeber, Research-Sparringspartner oder zum Erstellen von Interviewleitfäden.

Fazit: KI-Personas brauchen UX-Kompetenz – nicht blinden Glauben

KI-Personas sind kein Selbstzweck – sie sind Werkzeuge. Und wie bei jedem Werkzeug kommt es auf den Einsatz an. Der UX-Chat zeigt: Mit Expertise, kritischem Blick und klarer Zielsetzung lassen sich aus KI-gesteuerten Personas wertvolle Insights ziehen. Aber nur dann.

Was meinst du zu KI-Personas – Hilfe oder Humbug?
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