German UPA | Beitrag vom 15.08.2024 –
Usability-Tests in der Medizintechnik: Warum Testen nicht optional ist
Auf einen Blick
Usability-Tests sind in der Medizintechnik unerlässlich, um schwerwiegende Fehler zu vermeiden und die Benutzerfreundlichkeit von Produkten sicherzustellen.
- Selbst mit wenigen Testpersonen lassen sich 70-80 % der Usability-Probleme aufdecken.
- Interne Tests können zu verfälschten Ergebnissen führen; externe Nutzer sind daher essenziell.
- Realistische Testumgebungen sind besonders im medizinischen Kontext entscheidend.
- Klare Rollenverteilung und gutes Erwartungsmanagement sind für erfolgreiche Tests wichtig.
- Trotz Einschränkungen ist es besser, interne Tests durchzuführen, als gar keine Tests zu machen.
Der häufigste Fehler: Keine Usability-Tests durchführen
Oftmals werden Tests aus Zeit- oder Kostengründen weggelassen, was sich jedoch als fatal erweisen kann. Anja weist darauf hin, dass selbst mit einem kleinen Kreis von Testpersonen, z.B. fünf Probanden, bereits 70-80 % der Usability-Probleme identifiziert werden können. In einem konkreten Fall erzielte ihr Team beeindruckende Ergebnisse: „In drei Tests haben wir 36 Usability-Probleme und vier größere Software-Bugs entdeckt.“
Diese Zahlen verdeutlichen, dass auch mit begrenztem Aufwand große Fortschritte erzielt werden können. Es ist jedoch nicht nur wichtig, Tests durchzuführen, sondern auch sicherzustellen, dass sie unter realistischen Bedingungen stattfinden und repräsentative Nutzer einbezogen werden.
„In drei Tests haben wir 36 Usability-Probleme und vier größere Software-Bugs entdeckt.“
Interne Tests: Fluch oder Segen?
Ein häufiges Dilemma bei Usability-Tests ist der Einsatz von internen Mitarbeitern als Probanden. Anja warnt vor dem sogenannten „Volkskonsensus-Effekt“, bei dem die Meinung innerhalb einer Firma als allgemein gültig angesehen wird, was zu verfälschten Ergebnissen führen kann. Sie empfiehlt daher, wo immer möglich, externe Nutzer zu testen. „Es gibt Ausnahmen, wie bei reinen Wahrnehmungstests, aber bei komplexeren Szenarien sind externe Tests unverzichtbar,“ erklärt sie.
Auch die richtige Simulation der Nutzungsumgebung spielt eine zentrale Rolle. Besonders im medizinischen Kontext kann eine realistische Nachstellung der Arbeitsbedingungen entscheidend sein, um verlässliche Ergebnisse zu erhalten. „In einem unserer Tests haben wir herausgefunden, dass sich Referenzpunkte, die am Patienten befestigt sind, durch das umliegende Gewebe verschieben können – ein Fehler, den wir in unserer simulierten Umgebung zuvor nicht entdeckt hatten,“ erzählt Anja.
Klare Rollenverteilung und realistisches Erwartungsmanagement
Ein weiteres Highlight des Webinars war die Bedeutung klarer Rollenverteilungen und Erwartungen. Wenn etwa Produktmanager während eines Tests unvorbereitet eingreifen, kann das den Testfluss erheblich stören. Anja empfiehlt, vor dem Test alle Beteiligten genau zu briefen: „Für alle außer dem Moderator gilt: Klappe halten, Klappe halten, Klappe halten.“
Auch die Think-Aloud-Technik wurde kritisch beleuchtet. Obwohl sie wertvolle Einblicke in die Gedankengänge der Nutzer liefern kann, verändert sie den natürlichen Flow und sollte daher mit Bedacht eingesetzt werden, insbesondere in hochregulierten Bereichen wie der Medizintechnik, wo sie in bestimmten Tests gar nicht erlaubt ist.
Fazit: Warum sich Usability-Tests lohnen
Usability-Tests sind ein unverzichtbarer Schritt in der Produktentwicklung, der sowohl Zeit als auch Geld spart, indem er frühzeitig auf Schwächen hinweist. Anja fasst es treffend zusammen: „Es ist immer noch besser, interne Tests durchzuführen, als gar keine Tests zu machen, aber die Ergebnisse sollten dann unbedingt mit externen Nutzern überprüft werden.“
Was sind deine Erfahrungen mit Usability-Tests? Hast du schon einmal unerwartete Erkenntnisse gewonnen? Teile diesen Artikel gerne via Social Media und lass uns deine Meinung dazu wissen. Wir freuen uns auf dein Feedback.