German UPA | Beitrag vom 07.11.2013 –
Die Rolle von User Experience Design. Teil I - Was lässt Produkte erfolgreich werden?
Was lässt Produkte erfolgreich werden?
Reicht der Nutzerfokus, den wir User Experience (UX) Professionals predigen, aus um ein Produkt erfolgreich werden zu lassen?
Leider nicht. Denn erfolgreiche Produkte haben, nach Don Norman, drei Eigenschaften: Sie lassen sich technisch umsetzen (feasible), sie sind vermarktbar (viable) und sie unterstützen Anwender (usable) bei der Erledigung ihrer Aufgaben. Usability ist nur ein Aspekt eines erfolgreichen Produktes.
Neue Herausforderungen
Diese Einsicht ist weder neu noch bahnbrechend. Sie lässt sich zum Beispiel in agilen Software-Entwicklungsmethodiken wieder finden, welche die Software-Entwicklung und damit unsere Arbeit grundlegend verändert haben.
Die gute alte Zeit, in der es klar voneinander abgegrenzte Phasen gab und in der wir monatelang Zeit für unsere UX-Aktivitäten hatten, ist ein für alle Mal vorbei. Kurze Iterationen (Sprints), kleine selbst organisierte Teams und das Ziel, am Ende eines Sprints ein Set an fertig entwickelter Funktionalität zu haben, sind feste Bestandteile von Agile.
Und wir UX-Professionals sind immer noch dabei, in diesem veränderten Arbeitsumfeld unseren Platz zu finden. Wir müssen uns fragen, welchen positiven Beitrag wir leisten können.
Der Fokus von UX
Ich glaube, dass unsere Stärke der Fokus und die besondere Sichtweise unserer Disziplin ist. UX-Professionals betrachten und konzipieren das angestrebte Produkterlebnis. Die Gebrauchstauglichkeit (Usability) des Produktes ist dabei nur ein Aspekt.
User Experience betrachtet den Verkaufsprozess, die Installation und Erstnutzung, die Bearbeitung von Servicefällen, usw. Daher gehören zu dem Produkt, neben der Software selbst, die Verpackung, Handbücher, Online Materialien, die Werbung, das Branding, etc. Unser Blick ist meiner Ansicht nach ganzheitlicher als die Sichtweise der anderen Beteiligten. Und daraus ergibt sich auch die Aufgabe von UX-Professionals in interdisziplinären Teams: ein gemeinsames Verständnis des Produkterlebnisses erzeugen, kommunizieren und sicherstellen – und so gewährleisten, dass das Projekt „auf Kurs bleibt“.
Leichter gesagt als getan
Was diese Aufgabe erschwert ist, dass Produktentwicklungs- und Design-Projekte per Definition „bösartige Probleme“ (wicked problems) sind. Dies ist eine Klasse von schwer lösbaren Problemen, die gewisse, unvorteilhafte Eigenschaften gemein haben: Eine Vielzahl unterschiedlicher Stakeholder mit unterschiedlichen Vorstellungen und Prioritäten sind beteiligt. Die Anforderungen sind komplex und miteinander verwoben. Das Problem ist schwer einzukreisen und verändert sich während der Lösungsfindung. Im Voraus gibt es keinen Hinweis, wie eine optimale Lösung aussehen könnte. Verschiedene Lösungswege sind denkbar und möglich. Das Problem ist daher einmalig – man kann nicht nach „Schema F“ vorgehen.
Ein sehr schönes und kooperatives Vorgehen schlägt John C. Camillus vor:
- Definiere eine gemeinsame Vision.
- Dokumentiere Ideen und kommuniziere sie.
- Beteilige Stakeholder.
- Mache kleine Schritte, überprüfe dein Ergebnis und iteriere.
Schön, weil sich UX- und Design-Aktivitäten diesen vier Schritten zuordnen lassen. Wir UX-Professionals besitzen also grundsätzlich die Werkzeuge, um bösartige Probleme kooperativ anzugehen und zu lösen.
In meinem nächsten Beitrag werde ich genauer auf die einzelnen Schritte eingehen und dazu gehörige UX-Aktivitäten vorstellen.
Für weitere Hintergründe zum Thema lohnt sich auch ein Blick in den Tagungsband der Usability Professionals 2012. In Lennart Hennigs Beitrag "Design mit Nicht-Designern" werden weitere Probleme beleuchtet.
Zum zweiten Teil: Design als kooperativer Prozess ->
Über Lennart Hennigs
Lennart Hennigs ist Senior Interaction Designer bei der Deutschen Telekom, wo er mobile Anwendungen und Festnetz-Telefone gestaltet. Seit mehr als zehn Jahren beschäftigt sich Lennart mit User Centered Design. Zuletzt hat er ein eBook über Mobile Prototyping mit dem Tool Axure RP veröffentlicht.
mail: maJVilZA@lXO1enmXpRknaErtXDDheZnnQX3migx1s.o3rCdeAjcz">mail@lennarthennigs.de
blog: www.usercentered.de
twitter: @LennartHennigs