German UPA | Beitrag vom 07.12.2018 –
Usability beherrscht unsere Zukunft!
Es war der zweite Donnerstag im November 2018. Am Campusteil Burren der Hochschule Aalen wunderten sich aufmerksame Studentinnen und Studenten. In ihren Weg zu den Vorlesungssälen mischten sich adrett gekleidete Damen und Herren, die zielstrebig in das Hochschulgebäude strömten. Sie alle folgten den Wegweisern mit der Aufschrift: „Workshops“. Ihr Ziel: der dritte World Usability Day (kurz: WUD) an der Hochschule Aalen.
Die, von der German UPA initiierte, Veranstaltung lockte mit einem ganzheitlichen Konzept Interessenten aus der Wirtschaft, von den Hochschulen und aus der Forschung an. Die Studienangebote Technische Redaktion, User Experience und Maschinenbau/Entwicklung: Design und Simulation mit Schwerpunkt Technisches Design, sowie die rocket-media GmbH & Co KG organisierten den diesjährigen WUD. Vormittags erlebten die Gäste Usability hautnah bei den zwei Workshops „Usability Testing – Die Nutzerperspektive miterleben“ von Linda Alers und „Who is the user? Nutzerdaten erheben und echte Anforderungen definieren“ mit Prof. Frank Th. Gärtner. Die Teilnehmer lernten, wie Nutzeranforderungen methodisch ermittelt werden und inwiefern Nutzerdaten Produkte verbessern.
Für den zweiten Teil des Thementages trafen sich die Besucher in der Neuen Aula der Hochschule. 134 Personen nahmen an den Vorträgen der vier Hauptreferenten teil. Carmen Hartmann-Menzel von rocket-media, Prof. Dr. Constance Richter und der Rektor der Hochschule Aalen, Prof. Dr. Gerhard Schneider, begrüßten die zahlreichen Gäste und stimmten sie mit einer Metapher zum Thema User Experience auf die nachfolgenden Vorträge ein. Anschließend übergab Moderator Damian Imöhl, Chefredakteur der Schwäbischen Post, das Wort an den ersten Referenten. Zum Auftakt entführte Rüdiger Heimgärtner, der Intercultural User Interface Consulting, die Anwesenden in die große weite Welt der Usability. Interkulturelle Benutzerschnittstellen definieren ist nicht immer einfach, weiß Heimgärtner. Je nach Kultur verändern sich die Bedürfnisse, Wünsche und Anforderungen der Kunden. Um benutzerfreundliche User Interfaces zu gestalten, müssen daher Faktoren wie die Farbwahl, unterschiedliche Schreib- und Leserichtungen oder verschiedene Bedeutungen von Symbolen beachtet werden. All dies wird im Interkulturellen Usability Engineering vereint. Informationsarchitekturen werden der Zielgruppe angepasst und kulturabhängig Usability umgesetzt.
Von der Kultur wechselte der Fokus anschließend zur Berufsethik eines Usability oder User Experience Professionals. Mit dieser Gratwanderung beschäftigte sich Dr. Markus Weber der Centigrade GmbH. Er arbeitet dafür, dass Nutzer schon im Entwicklungsprozess eine Stimme erhalten. Jedoch kann erfolgreiche Usability und User Experience ungeahnte Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben. Inwieweit sind UX-Designer dafür verantwortlich, dass Arbeitsplätze wegfallen, wenn es in Zukunft zum Beispiel nur noch Selbst-Service-Kassen im Supermarkt gibt? Sowohl die kurz- als auch die langfristigen Auswirkungen müssen auch ethisch hinterfragt werden, betonte Weber, „nachdenken lohnt sich immer.“ Daher plädierte er für mehr Selbstreflexion der UX- und UI-Designer. „Als Experte müssen Sie nicht perfekt sein. Aber bitte erarbeiten Sie sich eine eigene Haltung zu Ihrer Arbeit.“
Von einfach zu komplex zu einfach – dieses Auf und Ab bei der Produktentwicklung kennt die easySoft GmbH leider nur zu gut. Wie das Unternehmen den Sprung von der komplizierten All-Round-Software zu einem benutzerzentrierten Anwenderprogramm geschafft hat, stellte Geschäftsführer Andreas Nau vor. User Experience hält in seiner Firma in Form eines Customer-Experience-Center Einzug. Als Dienstleister für die verschiedenen Abteilungen von easySoft ermittelt das Center mit Design Thinking und Digital Touchpoint Management, was der Kunde wirklich will. „Wir arbeiten über die einzelnen Abteilungen hinweg interdisziplinär zusammen“, erklärte Nau. Dabei wird von Anfang an in Design und User Experience investiert, um die Kosten für Veränderungen später so gering wie möglich zu halten. Des Weiteren stellte Nau die klassische Dokumentation in Frage. Schon heute können Chat-Bots ganze Telefonate mit realen Personen führen, ohne dass diese bemerken, dass sie gerade mit einer Maschine telefonieren. Automatisierung, Digitalisierung und Usability werden in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen.
Der gleichen Meinung war auch Gerald Bumann von der Stoll von Gáti GmbH. Er stellte zum Abschluss vor, wie Augmented Reality bereits heute in der User Experience eingesetzt wird. Dabei sprach er Trends wie Gesten- und Sprachsteuerung an. Das Klicken und Eingeben von Befehlen in die Tastatur werde bald ausgedient haben, prognostizierte Bumann. Schon bald wird das Internet nicht nur auf dem Smartphone oder Laptop verfügbar sein. Es werde überall da sein, wo sich die Menschen aufhalten. Eine enorme Infrastruktur, die es ermöglicht, ohne großen Aufwand Informationen zu beziehen, ganz gleich, welches Gerät man dafür benutzen möchte. „Die Technologie wird sich wandeln. Augmented Reality wird in normale Brillen eingearbeitet, sodass es dem Träger nicht mehr stört oder auffällt.“ Doch zum Glück können all diese Visionen eines nicht ersetzen: Den menschlichen Kontakt. Dieser wird nicht mit Augmented oder Virtual Reality ersetzbar sein.
Im Anschluss an die Vorträge trafen sich die Teilnehmer noch zu einem gemütlichen Get-Together mit leckeren Flammkuchen. Parallel dazu gab es die Möglichkeit, Augmented Reality mit einer Hololens beim Stand der Firma Stoll von Gáti zu erleben und ein Virtual-Reality-Forschungsprojekt der Hochschule Aalen mit der HTC Vive zu testen. Viele weitere Studentenprojekte luden zum fachlichen Austausch ein. Mitorganisatorin Carmen Hartmann-Menzel zog ein zufriedenes Resümee der Veranstaltung: „Der WUD 2018 in Aalen war ein voller Erfolg – in Workshops und einem abwechslungsreichen Vortragsprogramm konnten unsere Besucher viele neue Impulse und Eindrücke für die praktische UX-Arbeit mitnehmen. Wir danken unseren Referenten, Workshopleitern, Besuchern und Helfern aus dem Organisationsteam sowie der German UPA für die Unterstützung. Und freuen uns natürlich schon auf 2019.“
Text: Patricia Heichele