German UPA | Beitrag vom 13.02.2014 –
Willkommen auf der Achterbahn - Erfolgsfaktoren für UX Consulting im eGovernment
eGovernment, ein spannendes Feld für UX Beratung
Seit 2007 beobachtet die EU in Benchmarkingstudien den Status der Umsetzung elektronischer Behördendienste. Ein Ergebnis aus 2012 ist, dass die Verfügbarkeit von elektronischen Behördendiensten seit 2007 ständig zunahm, aber die Zufriedenheit (Usability bzw. UX) signifikant abgenommen hat. Die Frage ist, wie sich UX Maßnahmen in diesem Umfeld nachhaltig umsetzen lassen, um dem Abwärtstrend gegenzusteuern.
Unsere Projekterfahrung zeigt, dass das eGovernment Umfeld durch spezielle Eigenschaften charakterisiert wird:
• Rechtssicherheit versus Usability
Behörden haben den Anspruch größtmögliche Rechtssicherheit in den Prozessen zu bieten. Für Berater ergibt sich daraus ein Spannungsfeld zwischen „Designing for Trust“ und „rechtskonformer User Interfaces (UIs)“.
• Föderale Organisation versus rasche Entscheidungen
Gesetze wirken sich auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene oft anders aus. Die UX Entscheidungsfindung ist meist komplex und von starken Kompromissen geprägt.
• Budgetunsicherheit versus nachhaltige Maßnahmen
eGovernment ist per Definition ein politisches Umfeld. Strategische UX Arbeit, die auf längerfristige Maßnahmen ausgelegt ist wird dadurch zur Wahrscheinlichkeitsrechnung.
• Gesetzesnovelle versus Usability Optimierung
Sind für die kommende Release Usability Optimierungen geplant, kann dieser Plan durch Gesetzesnovellen durchkreuzt werden, die verpflichtend im System umgesetzt werden müssen.
• Vorgaben versus Innovationsspielraum
eGovernment wird durch ein starkes Regelwerk bestimmt: eGovernment Gesetz, Sicherheitsrichtlinien, Barrierefreiheit, etc. Der Spielraum für innovative UI Lösungen, ist oft ein sehr kleiner.
• Arbeitssituation versus Motivation
Fachlich konforme Designlösungen können meist nur durch intensive Einbindung von Mitarbeitern aus Fachabteilungen entwickelt werden. Gefühlte „On Top“ Usability Themen werden teilweise als Ballast empfunden.
• Erschwerter Zugang zu Benutzern versus benutzerzentrierte Entwicklung
Aus projektpolitischen Gründen ist es notwendig, Vertreter aus allen betroffenen Gruppierungen einzubeziehen. Ein Usability Test wird so rasch zu einer großen, organisatorischen Hürde.
Die Erfolgsfaktoren
In „Projekt Retrospektiven“ haben wir unsere eGovernment Projekte ausgewertet und Faktoren für die erfolgreiche Umsetzung von UX Maßnahmen herausgearbeitet:
• Ein maßgeschneidertes Projektsetup definieren
Wesentlich ist, notwendige Rollen klar zu definieren und zu differenzieren, um Verantwortung und Kompetenz zu trennen. Eine Konsolidierung bereits vorliegender (Usability) Ergebnisse aus Vorprojekten liefert die Basis für die Erstellung eines UX Maßnahmen Katalogs.
• Das Potential sozialer Intelligenz nutzen
Durch „Kooperative Spiele“ können win/win Situationen erreicht werden. Berater können in der Rolle des „Vermittlers und Integrators“ konkurrierende Strömungen harmonisieren. Wesentlich ist auch die Vernetzung mit allen Stakeholdern des Projekts. • UX Maßnahmen und Methoden argumentieren Die aktive Förderung von „leichtgewichtigen“ UX Maßnahmen, die an die zur Verfügung stehenden Zeit- und Budgetressourcen angepasst sind, ermöglicht flexibles Handeln.
• UX Entscheidungen gewinnbringend „verkaufen“
Zur Sicherung weiterer Mittel ist es hilfreich den Wert von UX Maßnahmen aufzuzeigen. Gute Möglichkeiten bieten die Präsentation von UX Ergebnissen und die Aufbereitung von Best Practice Beispielen.
• Widerstände durch den Einsatz von Promotoren auflösen
Das Promotorenmodell aus dem Innovationsmanagement liefert hier einen guten Ansatz. Verschiedene Promotoren überwinden unterschiedliche Arten von Widerständen: der technische Experte als „Fach-Promotor“, der „Macht-Promotor“ für Management Support sowie der „Prozess-Promotor“, der die beiden anderen zusammenbringt und „Dinge zum Abschluss“ bringt.
• Einsichten durch Projektretrospektiven erlangen
Für die Optimierung von UX Maßnahmen in Folgeprojekten können durch die Anwendung des Prinzips „Lernen durch Beobachtung“ bestehende „Projekt Verhaltensweisen“ modifiziert, andere erlernt werden.
Optimierung der UX Beratung
Hier soll unsere Analyse nicht enden, sondern erst beginnen. Ich lade Euch herzlich ein an unserer Studie teilzunehmen, in der wir die Relevanz der Faktoren empirisch untersuchen wollen. Ziel ist es so zu weiteren Einsichten zu gelangen, wie UX Beratung noch effektiver, effizienter und auch zufriedenstellender werden kann.
Erfolgsfaktoren für UX Consulting im eGovernment (German UPA 2013) from USECON
Links
- Umfrage http://www.usecon.com/url/erfolgsfaktoren
- Langform des Beitrag im Tagungsband der Usability Professionals
Über den Autor
Michael Bechinie (bechinie@usecon.com). Bereichsleitung Experience Design bei USECON. Mehr als 15 Jahre Erfahrung im Bereich Usability / User Experience. Beschäftigt sich mit den Themen: Management und Durchführung von Projekten im Umfeld Webanwendung (eGov, eHealth, Versicherungen etc.), User Interface Style Guide Entwicklung, Strategisches Experience Management, Durchführung von Trainings.