German UPA | Beitrag vom 02.10.2024
Nachhaltigkeit im Design: Wie UX die Zukunft mitgestalten kann

Die digitale Welt wächst stetig – und mit ihr der ökologische Fußabdruck. Aber welche Rolle spielt das UX-Design in dieser Entwicklung? Diese Frage stand im Mittelpunkt einer lebhaften Panel-Diskussion über „Sustainable UX“. Expert*innen aus der Design-, Wissenschafts- und Technologiewelt kamen zusammen, um über konkrete Ansätze, Herausforderungen und die Macht des Designs zu sprechen, Nachhaltigkeit in digitalen Produkten und Dienstleistungen zu fördern.

Auf einen Blick

UX-Design kann durch systemisches Denken, die Reduktion digitaler Abfälle und die Förderung nachhaltiger Entscheidungen eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung einer nachhaltigeren Zukunft spielen.

  • Nachhaltigkeit im UX-Design erfordert einen systemischen Ansatz, der soziale und ökologische Aspekte berücksichtigt.
  • Kleine, handhabbare Schritte wie die Optimierung von Bildern und Schriftarten können bereits einen spürbaren Unterschied im Energieverbrauch digitaler Produkte machen.
  • Zusammenarbeit in globalen Netzwerken und der Austausch von Best Practices sind entscheidend, um nachhaltiges Design voranzutreiben.
  • UX-Designer*innen haben das Potenzial, durch Design Nutzerverhalten hin zu nachhaltigeren Entscheidungen zu lenken.
  • Nachhaltigkeit ist nicht nur ein Kostenfaktor, sondern kann durch innovative Ansätze wirtschaftliche Vorteile bringen.

Nachhaltigkeit als Design-Prinzip

Christian Lenz, Head of Design bei Ergosein, brachte gleich zu Beginn auf den Punkt, warum Nachhaltigkeit im Design so entscheidend ist: „Wir müssen den Fokus erweitern – weg vom rein menschzentrierten Design hin zu einem systemischen Denken, das soziale und ökologische Aspekte integriert.“ Mit seiner Erfahrung aus der Arbeit an einer Nachhaltigkeits-Taskforce stellte Christian klar, wie sein Unternehmen sechs zentrale Design-Prinzipien entwickelt hat, die den Weg zu nachhaltigerem UX ebnen.

Diese Prinzipien umfassen u.a. das Schaffen von langlebigen, kreislauffähigen Produkten („Build to Last“), das Reduzieren von digitalem Abfall („Reduce Digital Waste“) und die Förderung nachhaltiger Entscheidungen („Enable Sustainable Behaviors“). Doch er betonte auch: „Nachhaltigkeit im Design ist ein großes Thema, und man kann sich leicht darin verlieren.“ Der Schlüssel liege darin, das Problem in kleinere, handhabbare Schritte aufzuteilen – und die Zusammenarbeit zu suchen.

"90% der Daten, die wir speichern, benutzt überhaupt niemand. Also sind vollkommen umsonst."

Thorsten Jonas

Gemeinsam für mehr Impact

Hier setzte auch Thorsten Jonas, Gründer des Sustainable UX Network, an: „Alleine können wir nicht viel erreichen – es geht darum, dass alle zusammenrücken und ihre Teile beitragen.“ Thorsten hat eine globale Community von über 2.000 Mitgliedern aufgebaut, die sich über nachhaltige Praktiken in der UX austauschen und voneinander lernen. Besonders wichtig sei es, digitale Produkte nicht nur aus Nutzersicht zu betrachten, sondern auch ihre Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft im Ganzen mitzudenken: „Alles, was wir bauen, ist Teil eines größeren Systems, und wir müssen dieses System in Balance bringen.“

Das Streben nach Nachhaltigkeit erfordert also mehr als nur technischen Fortschritt oder effiziente Designs – es fordert eine Veränderung des gesamten Denkprozesses.

Design als Vermittler zwischen Mensch und Umwelt

Ein weiterer zentraler Punkt war die Frage, wie man Unternehmen davon überzeugt, in nachhaltiges Design zu investieren. Christian Lenz hob hervor, dass es Unternehmen häufig an klaren Kennzahlen fehle, um den Erfolg nachhaltiger Maßnahmen zu messen. Dennoch gebe es viele Argumente, die für mehr Nachhaltigkeit sprechen: „Kund*innen bevorzugen immer häufiger Marken, die nachhaltiger agieren, und nachhaltige Lösungen können zu Einsparungen führen.“

Olga Lange, Professorin und Mitgründerin des German UPA Arbeitskreises „Design for Sustainability“, fügte hinzu, dass Designerinnen eine Schlüsselrolle bei der Veränderung von Verhaltensmustern spielen können: „Verhalten zu ändern ist schwer, aber UX-Designerinnen haben die Werkzeuge, um Menschen zu helfen, nachhaltigere Entscheidungen zu treffen.“ Aus ihrer Erfahrung in der Entwicklung nachhaltiger Brennstoffzellen betonte sie die Bedeutung, den gesamten Lebenszyklus eines Produkts zu betrachten und von Anfang an nachhaltige Entscheidungen zu treffen.

"Ein Mausklick fühlt sich nicht dreckig an." 

Christian Lenz

Kleine Schritte mit großer Wirkung

Für viele Unternehmen erscheint die Umstellung auf nachhaltige Praktiken zunächst überwältigend. Doch Susu Koch, UX-Lead bei UDG, zeigte, wie bereits kleine Anpassungen eine große Wirkung haben können. Ein einfacher Schritt sei beispielsweise die Optimierung von Schriftarten und Bildern auf Webseiten, was den Energieverbrauch deutlich senken kann: „Gerade bei großen Unternehmen lohnt es sich, den Einsatz von Fonts und Bildformaten zu optimieren. Das spart nicht nur CO2, sondern auch Kosten.“

Die Macht der kleinen Schritte unterstrich auch Thorsten Jonas: „Es gibt immer eine Handvoll Quick Wins, die man in jedem digitalen Projekt findet – von der Optimierung der Bildformate bis hin zur Reduktion unnötiger Daten.“ Diese Quick Wins können nicht nur den CO2-Ausstoß von Webseiten reduzieren, sondern auch das Bewusstsein für Nachhaltigkeit im gesamten Team schärfen.

Nachhaltigkeit als Chance für Innovation

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der sich durch die Diskussion zog, war das Thema Innovation. Christian Lenz verwies auf die Ellen MacArthur Foundation, die sich für die Kreislaufwirtschaft einsetzt, und erklärte, wie Unternehmen durch nachhaltige Designstrategien widerstandsfähiger und profitabler werden können. „Nachhaltigkeit muss nicht teuer sein – im Gegenteil. Mit der richtigen Denkweise und Innovation kann sie wirtschaftliche Vorteile bringen.“

Doch die Umstellung auf ein nachhaltigeres Design erfordert Mut und ein Umdenken – und oft auch die Unterstützung des gesamten Unternehmens.

Fazit: Die Verantwortung der UX-Designer*innen

Die Diskussion zeigte klar: UX-Designer*innen haben eine enorme Verantwortung und die Möglichkeit, echte Veränderungen anzustoßen. Ob durch die Reduktion digitaler Abfälle, die Optimierung von Ressourcen oder die Veränderung von Nutzerverhalten – das Potenzial, nachhaltigere digitale Produkte zu gestalten, ist groß. „Wir müssen uns fragen: Wollen wir Teil des Problems oder Teil der Lösung sein?“, so Thorsten Jonas. Die Antwort auf diese Frage liegt in unseren Händen – oder vielmehr in unseren Designs.


Was denkst du – wie kann UX-Design nachhaltiger gestaltet werden? Teile diesen Artikel gerne via Social Media und lass uns deine Meinung dazu wissen. Wir freuen uns auf dein Feedback!

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